Sommerfortbildungsveranstaltung 2017

Die diesjährige Sommerfortbildung der BVS-Bayern fand vom 23. bis 24. Juni 2017 statt und widmete sich unter wissenschaftlicher Perspektive der Perzeption von Prosodie und unter praktischem Gesichtspunkt der „handelnden Stimme als Grundlage interpersoneller Kommunikation“. Die Referenten PD Dr. habil. Wieland Kranich sowie Prof. Jurij Vasiljev und Prof. Tomáš Ondrušek gestalteten mit den Mitgliedern der BVS-Bayern und den Studierenden des Lehrgebiets Mündliche Kommunikation und Sprecherziehung beide Fortbildungstage im Vielberthgebäude der Universität Regensburg.

Die Antrittsveranstaltung am Freitagabend gestaltete PD Dr. habil. Wieland Kranich (Leiter des Lehrgebiets Mündliche Kommunikation und Sprecherziehung, Universität Regensburg) mit dem Vortrag „‚Kaum trau ich meinen Ohren‘ – Untersuchungen zur Perzeption prosodischer Merkmale“. Kranich thematisierte dabei ausgewählte Ergebnisse zu Perzeptionsuntersuchungen, die im Rahmen seines Habilitationsprojekts an der Universität Regensburg von 2011 bis 2013 durchgeführt wurden. Ausgehend davon, dass ein Pendant zum weithin in der Forschung akzeptierten „Hörverstehen“ ein sogenanntes „Denksprechen“ sein müsse, zeigte Kranich auf, dass die Forschungslage in diesem Bereich ein großes Desiderat aufweist. In seinen multiperspektivischen Untersuchungen konnte Kranich unter anderem feststellen, dass auch für die auditorische Wahrnehmung gilt, was für andere Sinnesmodalitäten bereits als gesetzt betrachtet wird: sie ist erwartungsgeleitet. So gibt es also nicht nur optische Täuschungen sondern auch auditorische Täuschungen. Letztere werden wegen der Flüchtigkeit des gesprochenen Worts weit seltener entlarvt.

Durch viele Hörbeispiele konnte das Vortragsplenum Kranichs Analysemethoden kennenlernen und seine Schlussfolgerungen nachvollziehen. Eine vom BVS-Vorsitzenden Christian Gegner moderierte Fragerunde komplettierte einen rundum gelungenen Abend, der fachlich neue Impulse auf dem in der Sprechwissenschaft und Sprecherziehung oft etwas seltener betrachteten Feld des Hörens lieferte.

An Tag zwei stand der Praxisworkshop bei Prof. Dr. Jurij Vasiljev (u.a. Professor an der staatlichen Theaterakademie in St. Petersburg) zum Thema „Die handelnde Stimme – kreative Sprechkunst als Grundlage der interpersonalen Kommunikation“ im Mittelpunkt. Vasiljev wurde von Tomáš Ondrušek (Professor für Perkussion an der Akademie der Künste in Prag) begleitet, welcher ihm als Übersetzer zur Seite stand. Der Workshop war bestimmt durch verschiedene Prinzipien aus Vasiljevs Ansätzen zur Stimmarbeit. Neben den Prinzipien der Schwere und der Vertikale soll sich ein Sprecher nach Vasiljev vergegenwärtigen, dass man nicht nur einfach Bewegungen macht, sondern dass wir handeln und jede Handlung ein Ziel hat. Dies gilt gleichermaßen für große Bewegungen im Raum wie für kleine Bewegungen, beispielsweise die der Artikulatoren. Zahlreiche Bilder und spielerische Übungen verdeutlichten den WorkshopteilnehmerInnen, dass Atmung und Stimme ganzkörperliche Phänomene sind. Vasiljevs Grundsatz, dass alles Sprechen dialogisch sein muss und man durch ein Inkontakttreten mit dem Gegenüber deutlich mehr über sich selbst lernt, wurde dadurch greifbar.

Eine ausführliche Fragerunde, in der Prof. Vasiljev nochmal Hintergründe und Ziele seiner Herangehensweise erläuterte, schloss den sehr gelungenen und praxisnahen Workshop ab. Obwohl ein Tag natürlich nicht ausreicht, um Vasiljevs Lehre in seiner Gänze zu erleben, konnten die Teilnehmenden doch erste Einblicke erhalten und sich in den Ansätzen ausprobieren. Auch mit Prof. Vasiljev persönlich angeleitet zu werden, war für viele ein Erlebnis.

Am Ende der BVS-Sommerfortbildung 2017 sei nochmals allen Referenten dafür gedankt, dass Sie den TeilnehmerInnen Einblicke in Ihre Arbeit gewährten und weiterführende fachliche Impulse lieferten. Des Weiteren bedankt sich die BVS-Bayern bei allen zuhörenden und teilnehmenden Kolleginnen und Kollegen, die durch ihre individuellen beruflichen Tätigkeitsfelder weitere Perspektiven in die Fortbildungsveranstaltung eingebracht haben.

Wir hoffen, Sie alle wieder bei einer unserer nächsten Fortbildungsveranstaltungen am 11.11.2017 begrüßen zu dürfen.

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„Misstraut eurem ersten Gedanken“