„Misstraut eurem ersten Gedanken“

Redenschreiberin Jaqueline Schäfer spricht bei Alumni-Treffen der SprecherzieherInnen

Ist es ein Motorradhelm oder ein Basketball? – Aus den Augenwinkeln betrachtet, kann man die Handtasche von Redenschreiberin Jaqueline Schäfer schon mal mit einem anderen Gegenstand verwechseln. In jedem Fall sorgt die Tasche für Gesprächsstoff – bei Frauen und bei Männern. Und das ist gut so. Denn wenn Jaqueline Schäfer ihre Kunden kennenlernt, möchte sie erst mal nicht den Geschäftsmann sprechen hören, sondern den Menschen, der hinter dem Business Talk steckt. „Ich nenne das nicht meine Handtasche, ich nenne das meinen Kommunikationsanlass,“ erklärte Jaqueline Schäfer, die Präsidentin des Verbandes der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS) ist, beim Alumni-Treffen Sprechwissenschaft/Sprecherziehung/Master an der Universität Regensburg. Durch das Gespräch über die Handtasche erkennt Jaqueline Schäfer sozusagen die Baseline ihres Gegenübers. Das ist die Grundlage, um für diese Person eine Rede zu entwickeln.

Neben dem Redner selbst, sollte man auch seine Institution kennen, die Zielgruppe, mögliche Konkurrenten, das Umfeld der Veranstaltung, und so weiter. Das Schreiben einer Rede ist also komplex. Jaqueline Schäfer veranschlagt daher für eine Redeminute etwa eine Stunde Arbeit. Neben einer guten Vorbereitung empfahl Jaqueline Schäfer ihren Zuhörern: „Misstraut eurem ersten Gedanken.“ Dieser könne abgegriffen sein und einem anderen Redner der Veranstaltung auch einfallen.

Während des Alumni-Treffens konnten die Gäste weiteren Vorträgen lauschen und an Workshops teilnehmen. So sprach Matthias Clesle beispielsweise zum Thema „100% Training mit null Wirkung – Warum der Praxistransfer (noch) nicht funktioniert“. Er nannte drei Gründe, warum der Input von Seminaren häufig schnell verpufft: Erstens ist es schwierig die Inhalte im realen Leben präsent zu halten. Anstelle von Tagesseminaren schlägt Clesle daher vor, die einzelnen Einheiten zu kürzen, aber dafür Trainings mindestens ein halbes Jahr laufen zu lassen. Als zweiten Grund führte Matthias Clesle die Fülle der Inhalte an. Ein bis zwei Impulse pro Trainingseinheit seien genug. Drittens dürfe man das große Ganze nicht aus den Augen verlieren. Manchmal seien die Trainings für Teilnehmer irrelevant. Hier müsse der Trainier in die Problemlöserrolle schlüpfen und eher Consultant sein, meint Clesle.

Der Workshop von Oliver Pohl stand unter dem Motto „Die Eskalation von verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen mit Prinzipien und Techniken der Sprechverteidigung verhindern“. Sprechverteidigung liege zwischen Redekunst und Kampfkunst. So solle man darauf achten, so viel Abstand zu halten, dass einen der andere nicht berühren könne, findet Pohl. Das Wichtigste sei jedoch die Exit-Option. Diese stehe immer offen. Werde ein Gespräch unangenehm, könne man zum Beispiel einen Telefonanruf vortäuschen und so die Situation unterbrechen.

Zu einem Angriff käme es, weil sich der Angreifer überlegen fühle. Pohl empfiehlt, sich breit oder groß zu machen: Sind die Hände auf Geschichtshöhe neben dem Kopf, ergibt das dreimal die Fläche des Gesichtes. Wer die Hände in die Höhe streckt, wirkt deutlich größer. Das, so Pohl, sollte man üben: „Verlasst ab und zu die Komfortzone und macht euch groß, wenn ihr durch eine Menschenmenge geht.“

Das Alumni-Treffen Sprechwissenschaft/Sprecherziehung/Master findet jedes Jahr in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Berufsvereinigung Sprechkompetenzen in Bayern e.V. (BVS) statt.

Beutrag und Fotos: Christina Glaser

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